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Vatikan betont Vorrang der katholischen Kirche

Rom/London/Hannover/Bonn (dpa) - Der Vatikan hat den Vorrang der katholischen Kirche vor anderen Glaubensgemeinschaften betont. Zugleich legte er in einem am Dienstag in Rom vorgelegten Dokument ein Bekenntnis zum Primat des Papstes ab.
«Dies (die katholische) ist die einzige Kirche Christi», heißt es in der 37-seitigen «Erklärung Dominus Jesus», die die Unterschrift des Präfekten der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, trägt. Papst Johannes Paul II. habe die Erklärung «kraft seiner apostolischen Autorität» bestätigt und deren Veröffentlichung angeordnet.
Das Dokument löste internationale Proteste aus. Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Manfred Kock, sprach von einem «Rückschlag für das Ökumenische Miteinander». «Die Zeichen in Rom stehen auf Stillstand», sagte Kock in Hannover. Das Oberhaupt der Anglikanischen Kirche, Erzbischof George Carey, kritisierte, das Dokument vernachlässige drei Jahrzehnte des ökumenischen Dialogs. Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls stellte klar, Rom setze den Weg des Dialogs fort. «Der Heilige Stuhl verändert seinen Kurs in den Beziehungen zu den anderen christlichen Konfessionen nicht.»
«Die einzige Kirche Christi ist verwirklicht in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri (Papst) und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird», heißt es in dem Schreiben. Es wendet sich an Bischöfe, Theologen und «alle katholischen Gläubigen». Die Parität beim interreligiösen Dialog «bezieht sich auf die gleiche personale Würde der Partner», nicht jedoch auf die Lehrinhalte.
Hintergrund der Veröffentlichung mitten im Heiligen Jahr der katholischen Kirche sind laut Ratzinger «irrige oder zweideutige Positionen», «relativistische Theorien», die den religiösen Pluralismus rechtfertigen wollten. Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Lehmann, sprach von «gewissen Unsicherheiten, Verkürzungen und Relativierungen von Glaubensinhalten», die in jüngster Zeit weltweit bei der Diskussion über das Verhältnis des Christentums zu nichtchristlichen Religionen aufgetreten seien.
In dem Dokument geht es ohne explizite Nennung um das Verhältnis zu Protestanten und Orthodoxen, die den Primat des Papstes nicht akzeptieren. Dazu heißt es: «Die Kirchen, die zwar nicht in vollkommener Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, aber durch engste Bande ... mit ihr verbunden bleiben, sind echte Teilkirchen.» Die kirchlichen Gemeinschaften hingegen, «die den gültigen Episkopat und die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums nicht bewahrt haben, sind nicht Kirchen im eigentlichen Sinn».
Die römisch-katholische Kirchenlehre sei das größte Hindernis für eine vertiefte Gemeinschaft mit den Kirchen der Reformation, sagte Kock. Die Zukunft der Kirche werde jedoch ökumenisch sein. Dies bedeute nicht die Nivellierung aller konfessionellen Profile, sondern die Überwindung ihres trennenden Charakters.
Das Dokument sei «eine Kriegserklärung gegen die Kirchen der Reformation», sagte der Sprecher der katholischen KirchenVolksBewegung «Wir sind Kirche», Christian Weisner, in Hannover. Die Laienbewegung forderte die Deutsche Bischofskonferenz auf, dem Vatikan deutlich zu machen, dass dies nicht vertretbar sei. Der Alleinvertretungsanspruch auf die Nachfolge Christi zeuge von einem gestörten Selbstbewusstsein Roms.
Universaler Mittler und Erlöser sei der Gottessohn Jesus Christus, so Ratzinger. Lehmann sagte, die Erklärung weise Meinungen und Theorien zurück, die «die absolute Bedeutung Jesu Christi für das Heil der Welt oder die Heilssendung der Kirche für die gesamte Menschheit schmälern beziehungsweise relativieren oder zentrale Glaubensinhalte beliebig erscheinen lassen».
In dem Dokument heißt es in Bezug auf andere Religionen, diese wichen zwar in manchem von dem ab, was die katholische Kirche für wahr hält und lehrt. Doch nicht selten ließen sie «einen Strahl jener Wahrheit erkennen, die alle Menschen erleuchtet».

Die Aufregung, die dieses Dokument verursacht hat, ist schon kurios, wenn man bedenkt, dass hier nur Selbstverständliches erneut - und wohl aus gutem Grund - wieder einmal ins Gedächtnis gerufen werden sollte. Bemerkenswert erscheint mir der Kommentar des evangelischen Arbeitskreises Bekennender Christen in Bayern, in dem es heißt:

Insgesamt ist es dankenswert, dass 'Rom' ökumenische Illusionen zerstört und dadurch das ökumenische Gespräch wieder auf eine vernünftige Grundlage stellt.

 

"Dominus Jesus" - keine Beleidigung der Protestanten


Gerhard Ludwig Müller, Professor für katholische Dogmatik an der Universität München, antwortete in der Zeitung "Die Tagespost" vom 5. Oktober auf die Erklärung der Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Dogmatiker und Fundamentaltheologen vom 20./21.9.2000 zu dem römischen Dokument "Dominus Jesus". Diese Theologen-Erklärung könne keineswegs in Anspruch nehmen, von einer qualifizierten Mehrheit der Fachvertreter mitgetragen zu werden; sie habe sich "nur griesgrämig altachtundsechziger Klischees bedient". In seiner Antwort legte Müller vor allem den Unterschied zwischen dem katholischen und dem protestantischen Verständnis von "Kirche" dar:

"Dominus Jesus" hat der Ökumene einen großen Dienst erwiesen und wird sich auf die Dauer positiv und fördernd für den Weg hin zur vollen Gemeinschaft der Christen in der einen Kirche erweisen (...)

Wer auch nur ein wenig die protestantische Theologie aus deren Bekenntnisschriften kennt, weiß, dass es danach die eine sichtbare Kirche überhaupt nicht geben kann, sondern nur viele kirchliche Gemeinschaften, unter die auch die katholische Kirche subsumiert wird. Es ist darum absurd, die bloße Benennung des eigenen Selbstverständnisses der evangelischen Christenheit als eine Beleidigung der evangelischen Christen aufzufassen und sich gar noch von der Kanzel herab beim evangelischen Nachbarpfarrer dafür zu entschuldigen, wie es hier und da in Deutschland vorgekommen sein soll (...)

Protestantisch gesehen kann es durchaus mehrere, organisatorisch voneinander getrennte kirchliche Gemeinschaften geben. Dass es zur Zeit mindestens dreihundert bis vierhundert "Kirchen" weltweit gibt, sehen die Protestanten nicht als Widerspruch zum Wort Jesu, der zu Petrus sagte: "Du bist der Fels, auf den ich meine Kirche bauen werde" (Mt 16,18). Jesus sprach weder hier noch an anderer Stelle von Konfessionskirchen im Plural. Kirchen im Plural gibt es nur als ortskirchliche Verwirklichung der einen apostolischen und katholischen Kirche Gottes. Die "communio ecclesiarum" (Gemeinschaft der Kirchen) bildet sich aus den Ortskirchen und nicht aus Konfessionskirchen.(...)

Aus Fels 11/2000

"Dominus Jesus" — im Dienst der Ökumene

Reinigendes Gewitter

Anmerkungen zu der vatikanischen Erklärung "Dominus Jesus" machte Weihbischof Andreas Laun von Salzburg in "Kirche heute" (Nr. 10/2000, S. 15). Unter dem Titel "Das Heil liegt in der Wahrheit" – einem Kernsatz der Erklärung – kann man dort u.a. lesen: Christoph Kardinal Schönborn hat treffend festgestellt: "Dominus Jesus" ist nur die "Erinnerung an die eigene Identität" der katholischen Kirche. Das ist es, und darum ist es nicht nur nicht ein Schaden für die Ökumene, sondern ein unverzichtbar wichtiges Element für sie! Es ist wie im Konflikt zwischen Menschen, der auf Grund einer Projektion entsteht: Wenn einer in den anderen hineinprojiziert, was der andere gar nicht ist, wird die Beziehung zerbrechen, früher oder später. Die einzig mögliche Rettung ist ein klärendes, wenn auch schmerzliches Gespräch zur Richtigstellung. Unter dem hehren Begriff "Ökumene" ist, neben vielen guten Elementen, ein solch irreführender Prozess seit Jahren gelaufen: Man hat die Kirche "auf protestantisch" umgedeutet und behauptet, dadurch geschehe die ersehnte Annäherung zur Einheit hin. Aber durch Schminke entsteht keine wirkliche Ähnlichkeit. Im Gespräch mit den Vertretern anderer Religionen kam neuerdings die Tendenz hinzu, den – tatsächlich – einzigartigen Anspruch des Evangeliums zu relativieren und zu sagen, Christus sei auch nicht "mehr" als Buddha oder Krishna. "Demut" nannte man solches Reden. Nun hat "die" Kirche sich laut und deutlich zu Wort gemeldet. Das Dokument wiederholt immer wieder: "mit Festigkeit" sind zu "glauben" und "festzuhalten" (9 mal, wenn ich richtig gezählt habe!), nämlich die großen Wahrheiten über Gott, Seine Offenbarung, Christus und Seine Kirche. Wichtig auch: Die Kirche denkt nicht im Traum daran, ihre Sendung zu Völkern im Sinn des Missionsauftrags Christi einem unverbindlichen, relativierenden Dialog zu opfern, sondern umgekehrt. Der Dialog ist ein Teil der Mission. Aber ist nicht die Gleichheit der Partner Voraussetzung eines wahren und guten Dialogs? "Ja", sagt "Dominus Jesus", aber diese Gleichheit "bezieht sich auf die gleiche personale Würde der Partner, nicht auf die Lehrinhalte und noch weniger auf Jesus Christus" (Nr. 22). Gott sei Dank! Vielleicht haben diese Wortmeldung der katholischen Kirche manche gar nicht zu Unrecht als ein "Gewitter" empfunden, aber wenn, dann ein klärendes! Denn wenn sich alle wieder bewusst sind, wer der Gesprächspartner katholische Kirche ist, kann das Gespräch gut weitergehen.

 

Kirchenvolksbewegung

 

Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche ist entsetzt über die am 5. September 2000 in Rom veröffentlichte Erklärung "Dominus Jesus" von Kurienkardinal Joseph Ratzinger. In aller Schärfe protestiert Wir sind Kirche gegen dieses Dokument, das den Vorrang der römisch-katholischen Kirche vor anderen Glaubensgemeinschaften betont.

1) Die Erklärung ist der fragwürdige Versuch, das überwundene absolutistische Kirchenbild des Ersten Vatikanums mit dem uneingeschränkten Primat des Papstes wieder in Kraft zu setzen, und steht im schroffen Gegensatz zu den durch das Zweite Vatikanische Konzil initiierten hoffnungsvollen Bemühungen um eine innerchristliche Ökumene und einen interreligiösen Dialog.

Kommentar:

Zunächst sei festgestellt, dass die strittige Erklärung, die das Entsetzen der Kirchenvolksbewegung (KV) ausgelöst hat, von vielen Katholiken mit großer Freude aufgenommen wurde. Auf den schwammigen Begriff des "absolutistischen Kirchenbildes" will ich hier nicht näher eingehen. Bedenklicher ist die Tatsache, dass die KV versucht, das Zweite Vatikanische Konzil gegen das Erste Vaticanum auszuspielen und dabei nicht davor zurückschreckt, die Gläubigen zu manipulieren. Der Erfolg bleibt nicht aus, da die KV sicher davon ausgehen kann, dass die authentischen Konzilstexte den meisten Katholiken unbekannt sein dürften. Dort kann man u. a. folgendes lesen:

"Dies ist die einzige Kirche Christi ... Sie zu weiden, hat unser Erlöser nach seiner Auferstehung dem Petrus übertragen (vgl. Joh21,17), ihm und den übrigen Aposteln hat er ihre Ausbreitung und Leitung anvertraut (vgl. Mt28,18ff.), für immer hat er sie als 'Säule und das Fundament der Wahrheit' (1Tim3,15) errichtet. Diese Kirche, in dieser Welt als Gesellschaft verfasst und geordnet, ist verwirklicht (subsistit in) in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird." (II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 8.)

Weiterhin lesen wir den den Konzilstexten:

Das Bischofskollegium oder die Körperschaft der Bischöfe hat aber nur Autorität, wenn sie in Gemeinschaft mit dem römischen Bischof, dem Nachfolger Petri als ihrem Haupt begriffen wird, und ohne Beeinträchtigung seiner Primatsgewalt über alle Hirten und Gläubigen. Der römische Bischof hat nämlich kraft seines Amtes als Stellvertreter Christi und Hirt der ganzen Kirche volle, höchste und universale Gewalt über die Kirche, die er immer frei ausüben kann. (II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 22.)

Die Behauptung der KV, die Erklärung "Dominus Jesus" versuche, den Primat des Papstes wieder in Kraft zu setzen, ist schlicht die Unwahrheit. Der Primat ist nie abgeschafft worden. Die KV sollte nicht ihre Wünsche mit den Realitäten verwechseln. Urteilen Sie selbst! Was ist von einer Bewegung zu halten, die versucht, durch Verbreitung von Unwahrheiten die Gläubigen zu täuschen?

2) Die Erklärung widerspricht den langjährigen Bemühungen von Papst Johannes Paul II. um die Verständigung mit anderen christlichen Kirchen und mit den Weltreligionen. Mit ihrem Anspruch, "an die Einzigartigkeit der von ihm (Jesus Christus) gestifteten Kirche" müsse "fest geglaubt" werden, ist die Erklärung in unseren Augen theologisch problematisch und auf jeden Fall pastoral verheerend.

Kommentar:

Warum diese Erklärung einer Verständigung mit anderen christlichen Kirchen und den Weltreligionen entgegenstehen soll, bleibt ein Geheimnis der KV. Wenn die klare Artikulation der eigenen Überzeugung verständigungshemmend wirkt, dann liegt das wohl eher an denen, die es in ihrer Intoleranz nicht mehr vertragen können, dass es noch immer Menschen mit trendkonträren Überzeugungen gibt. Auch der Behauptung, diese Erklärung sei pastoral verheerend, möchte ich widersprechen. Das Gegenteil scheint mir zutreffend zu sein. Wer möchte schon in einer Kirche beheimatet sein, die ihm signalisiert, dass es eigentlich gleichgültig ist, in welcher Glaubensgemeinschaft er sich befinde. "Dominus Jesus" erneuert die Freude und Dankbarkeit der Gläubigen, katholisch sein zu dürfen und sich damit im Lebenskreis der Wahrheit geborgen zu wissen.

3) Für die Kirchen der Reformation ist es eine ungeheure Beleidigung, wenn ihnen das authentische "Kirchesein" abgesprochen wird. Gleichzeitig wird ein Keil zwischen die Bestrebungen um Einheit seitens des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) getrieben, wenn den Kirchen der Orthodoxie, Mitgliedskirchen im ÖRK, hoheitsvoll zugestanden wird, in ihnen bleibe "die Kirche Jesu Christi gegenwärtig und wirksam", nicht aber in den Kirchen der Reformation. Der 1999 mühsam errungene Konsens in der Rechtfertigungslehre wird vor dem erneut artikulierten Absolutheitsanspruch der römischen Kirche relativiert, wenn nicht gar in Frage gestellt.

Kommentar:

Zur Behauptung, diese Erklärung beleidige die Kirchen der Reformation, möchte ich Professor Gerhard Ludwig Müller, Professor für katholische Dogmatik an der Universität München, zu Wort kommen lassen. Ich zitiere aus einem Brief an die 'Tagespost':
"Wer auch nur ein wenig die protestantische Theologie aus deren Bekenntnisschriften kennt, weiß, dass es danach die eine sichtbare Kirche überhaupt nicht geben kann, sondern nur viele kirchliche Gemeinschaften, unter die auch die katholische Kirche subsumiert wird. Es ist darum absurd, die bloße Benennung des eigenen Selbstverständnisses der evangelischen Christenheit als eine Beleidigung der evangelischen Christen aufzufassen ..."
 

4) Die aufrichtigen Bemühungen um den Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin werden durch die Erklärung aus Rom erheblich erschwert und bewusst aufs Spiel gesetzt. Damit ist der mühsam errungene Religionsfrieden in Deutschland langfristig gefährdet.

Kommentar:

Zu dieser Behauptung zitiere ich aus dem 'Zwischenruf eines orthodoxen Lutheraners' erschienen im "Rheinischen Merkur" vom 22.09.2000:

"Schlagartig hat Kardinal Ratzinger zwar nicht der Ökumene, dafür aber einer Ökumanie ein Ende gesetzt, einem Nescafé-Pfad zur kirchlichen Einheit."

 

Lesen Sie den Artikel 'Ende der Ökumanie - nicht der Ökumene'!

 

 

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