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Kirche
Rom/London/Hannover/Bonn (dpa) - Der Vatikan hat den Vorrang der
katholischen Kirche vor anderen Glaubensgemeinschaften betont. Zugleich
legte er in einem am Dienstag in Rom vorgelegten Dokument ein Bekenntnis
zum Primat des Papstes ab.
"Dominus Jesus" - keine Beleidigung der Protestanten
"Dominus Jesus" hat der Ökumene einen großen Dienst erwiesen und wird sich auf die Dauer positiv und fördernd für den Weg hin zur vollen Gemeinschaft der Christen in der einen Kirche erweisen (...) Wer auch nur ein wenig die protestantische Theologie aus deren Bekenntnisschriften kennt, weiß, dass es danach die eine sichtbare Kirche überhaupt nicht geben kann, sondern nur viele kirchliche Gemeinschaften, unter die auch die katholische Kirche subsumiert wird. Es ist darum absurd, die bloße Benennung des eigenen Selbstverständnisses der evangelischen Christenheit als eine Beleidigung der evangelischen Christen aufzufassen und sich gar noch von der Kanzel herab beim evangelischen Nachbarpfarrer dafür zu entschuldigen, wie es hier und da in Deutschland vorgekommen sein soll (...) Protestantisch gesehen kann es durchaus mehrere, organisatorisch voneinander getrennte kirchliche Gemeinschaften geben. Dass es zur Zeit mindestens dreihundert bis vierhundert "Kirchen" weltweit gibt, sehen die Protestanten nicht als Widerspruch zum Wort Jesu, der zu Petrus sagte: "Du bist der Fels, auf den ich meine Kirche bauen werde" (Mt 16,18). Jesus sprach weder hier noch an anderer Stelle von Konfessionskirchen im Plural. Kirchen im Plural gibt es nur als ortskirchliche Verwirklichung der einen apostolischen und katholischen Kirche Gottes. Die "communio ecclesiarum" (Gemeinschaft der Kirchen) bildet sich aus den Ortskirchen und nicht aus Konfessionskirchen.(...) Aus Fels 11/2000 "Dominus Jesus" — im
Dienst der Ökumene Anmerkungen zu der vatikanischen
Erklärung "Dominus Jesus" machte Weihbischof Andreas Laun von
Salzburg in "Kirche heute" (Nr. 10/2000, S. 15). Unter dem Titel
"Das Heil liegt in der Wahrheit" – einem Kernsatz der Erklärung
– kann man dort u.a. lesen: Christoph Kardinal Schönborn hat treffend
festgestellt: "Dominus Jesus" ist nur die "Erinnerung an
die eigene Identität" der katholischen Kirche. Das ist es, und darum
ist es nicht nur nicht ein Schaden für die Ökumene, sondern ein
unverzichtbar wichtiges Element für sie! Es ist wie im Konflikt zwischen
Menschen, der auf Grund einer Projektion entsteht: Wenn einer in den
anderen hineinprojiziert, was der andere gar nicht ist, wird die Beziehung
zerbrechen, früher oder später. Die einzig mögliche Rettung ist ein klärendes,
wenn auch schmerzliches Gespräch zur Richtigstellung. Unter dem hehren
Begriff "Ökumene" ist, neben vielen guten Elementen, ein solch
irreführender Prozess seit Jahren gelaufen: Man hat die Kirche "auf
protestantisch" umgedeutet und behauptet, dadurch geschehe die
ersehnte Annäherung zur Einheit hin. Aber durch Schminke entsteht keine
wirkliche Ähnlichkeit. Im Gespräch mit den Vertretern anderer Religionen
kam neuerdings die Tendenz hinzu, den – tatsächlich – einzigartigen
Anspruch des Evangeliums zu relativieren und zu sagen, Christus sei auch
nicht "mehr" als Buddha oder Krishna. "Demut" nannte
man solches Reden. Nun hat "die" Kirche sich laut und deutlich
zu Wort gemeldet. Das Dokument wiederholt immer wieder: "mit
Festigkeit" sind zu "glauben" und "festzuhalten"
(9 mal, wenn ich richtig gezählt habe!), nämlich die großen Wahrheiten
über Gott, Seine Offenbarung, Christus und Seine Kirche. Wichtig auch:
Die Kirche denkt nicht im Traum daran, ihre Sendung zu Völkern im Sinn
des Missionsauftrags Christi einem unverbindlichen, relativierenden Dialog
zu opfern, sondern umgekehrt. Der Dialog ist ein Teil der Mission. Aber
ist nicht die Gleichheit der Partner Voraussetzung eines wahren und guten
Dialogs? "Ja", sagt "Dominus Jesus", aber diese
Gleichheit "bezieht sich auf die gleiche personale Würde der
Partner, nicht auf die Lehrinhalte und noch weniger auf Jesus
Christus" (Nr. 22). Gott sei Dank! Vielleicht haben diese Wortmeldung
der katholischen Kirche manche gar nicht zu Unrecht als ein
"Gewitter" empfunden, aber wenn, dann ein klärendes! Denn wenn
sich alle wieder bewusst sind, wer der Gesprächspartner katholische
Kirche ist, kann das Gespräch gut weitergehen. Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche ist entsetzt über
die am 5. September 2000 in Rom veröffentlichte Erklärung "Dominus Jesus" von Kurienkardinal Joseph Ratzinger. In
aller Schärfe protestiert Wir sind Kirche gegen dieses Dokument,
das den Vorrang der römisch-katholischen Kirche vor anderen
Glaubensgemeinschaften betont. 1) Die Erklärung ist der fragwürdige Versuch, das überwundene
absolutistische Kirchenbild des Ersten Vatikanums mit dem uneingeschränkten
Primat des Papstes wieder in Kraft zu setzen, und steht im schroffen
Gegensatz zu den durch das Zweite Vatikanische Konzil initiierten
hoffnungsvollen Bemühungen um eine innerchristliche Ökumene und einen
interreligiösen Dialog. Kommentar:
"Dies ist die einzige Kirche Christi ... Sie zu weiden, hat
unser Erlöser nach seiner Auferstehung dem Petrus übertragen (vgl.
Joh21,17), ihm und den übrigen Aposteln hat er ihre Ausbreitung und
Leitung anvertraut (vgl. Mt28,18ff.), für immer hat er sie als 'Säule
und das Fundament der Wahrheit' (1Tim3,15) errichtet. Diese Kirche, in
dieser Welt als Gesellschaft verfasst und geordnet, ist verwirklicht (subsistit
in) in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den
Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird." (II. Vat.
Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 8.) Das Bischofskollegium oder die Körperschaft der Bischöfe hat
aber nur Autorität, wenn sie in Gemeinschaft mit dem römischen
Bischof, dem Nachfolger Petri als ihrem Haupt begriffen wird, und ohne
Beeinträchtigung seiner Primatsgewalt über alle Hirten und Gläubigen.
Der römische Bischof hat nämlich kraft seines Amtes als Stellvertreter
Christi und Hirt der ganzen Kirche volle, höchste und universale Gewalt
über die Kirche, die er immer frei ausüben kann. (II. Vat.
Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 22.) Die Behauptung der KV, die Erklärung "Dominus
Jesus" versuche, den Primat des Papstes wieder in Kraft zu setzen,
ist schlicht die Unwahrheit. Der Primat ist nie abgeschafft worden. Die
KV sollte nicht ihre Wünsche mit den Realitäten verwechseln. Urteilen
Sie selbst! Was ist von einer Bewegung zu halten, die versucht, durch
Verbreitung von Unwahrheiten die Gläubigen zu täuschen? 2) Die Erklärung widerspricht den langjährigen Bemühungen von
Papst Johannes Paul II. um die Verständigung mit anderen christlichen
Kirchen und mit den Weltreligionen. Mit ihrem Anspruch, "an die
Einzigartigkeit der von ihm (Jesus Christus) gestifteten Kirche" müsse
"fest geglaubt" werden, ist die Erklärung in unseren Augen
theologisch problematisch und auf jeden Fall pastoral verheerend. Kommentar: Warum diese Erklärung einer Verständigung mit
anderen christlichen Kirchen und den Weltreligionen entgegenstehen
soll, bleibt ein Geheimnis der KV. Wenn die klare Artikulation der
eigenen Überzeugung verständigungshemmend wirkt, dann liegt das wohl
eher an denen, die es in ihrer Intoleranz nicht mehr vertragen können,
dass es noch immer Menschen mit trendkonträren Überzeugungen gibt.
Auch der Behauptung, diese Erklärung sei pastoral verheerend, möchte
ich widersprechen. Das Gegenteil scheint mir zutreffend zu sein. Wer möchte
schon in einer Kirche beheimatet sein, die ihm signalisiert, dass es
eigentlich gleichgültig ist, in welcher Glaubensgemeinschaft er sich
befinde. "Dominus Jesus" erneuert die Freude und Dankbarkeit
der Gläubigen, katholisch sein zu dürfen und sich damit im
Lebenskreis der Wahrheit geborgen zu wissen. 3) Für die Kirchen der Reformation ist es eine ungeheure
Beleidigung, wenn ihnen das authentische "Kirchesein"
abgesprochen wird. Gleichzeitig wird ein Keil zwischen die Bestrebungen
um Einheit seitens des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) getrieben,
wenn den Kirchen der Orthodoxie, Mitgliedskirchen im ÖRK, hoheitsvoll
zugestanden wird, in ihnen bleibe "die Kirche Jesu Christi gegenwärtig
und wirksam", nicht aber in den Kirchen der Reformation. Der 1999 mühsam
errungene Konsens in der Rechtfertigungslehre wird vor dem erneut
artikulierten Absolutheitsanspruch der römischen Kirche relativiert,
wenn nicht gar in Frage gestellt. Kommentar: 4) Die aufrichtigen Bemühungen um den Ökumenischen Kirchentag
2003 in Berlin werden durch die Erklärung aus Rom erheblich erschwert
und bewusst aufs Spiel gesetzt. Damit ist der mühsam errungene
Religionsfrieden in Deutschland langfristig gefährdet. Kommentar:
Zu dieser Behauptung zitiere ich aus dem
'Zwischenruf eines orthodoxen Lutheraners' erschienen im
"Rheinischen Merkur" vom 22.09.2000: "Schlagartig hat Kardinal Ratzinger zwar nicht der Ökumene,
dafür aber einer Ökumanie ein Ende gesetzt, einem Nescafé-Pfad
zur kirchlichen Einheit." |
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